Freitag, 2. September 2011

Der Mord der keiner sein durfte...



Während einem in den guten alten Achtzigern ein wohliger schauer beim anschauen von Kommissar Corrado Cattani in „Allein gegen die Mafia“ über den Rücken gelaufen ist und der TV Sessel zum Kinosessel wurde, geschah ein nicht weniger spannendes Szenario direkt vor unserer Haustür.

Vor fast 26 Jahren spielte sich in Schleswig-Holstein ein Drama ab, dass bis zum heutigen Tag nicht aufgeklärt wurde. Nicht weil es an mutigen Beamten oder Staatsanwälten gemangelt hätte die den Fall hätten aufklären können, aber wenn vorgesetzte Dienstherren aus der Politik ihr Amt missbrauchen, dann hat auch der ehrlichste und tapferste Staatsdiener keine Chance!

Am 11. Oktober 1987 wurde der CDU-Politiker Uwe Barschel tot in einem Genfer Hotel aufgefunden - einer der rätselhaftesten deutschen Kriminalfälle ist bis heute ungeklärt. Barschel hatte wegen eines Polit-Skandals, der "Barschel-Affäre", wenige Tage zuvor zurücktreten müssen. Ein Politskandal der der durchaus Potenzial zu einem TV-Krimi oder gar einem Kinofilm gehabt hätte. Dunkle Geschäfte in der „Iran Kontra Affäre“, illegale U-Boot-Geschäfte der HDW-Werft mit dem Apartheit – Regime in Südafrika, die Liste der Dinge über die Uwe Barschel als Ministerpräsident von Schleswig-Holstein Bescheid wusste war lang, sehr lang. Es gab genug politische und wirtschaftliche „Würdenträger“ denen es sehr unwohl bei einem Landesvater wurde, der nicht wirklich ihr Vertrauen besaß und doch so viel wusste. Er musste weg! Natürlich war Barschel kein Engel, denn er bediente sich auch oft fragwürdiger Praktiken um seine Macht zu festigen und zu erweitern. So begann er seinen härtesten politischen Rivalen in Schleswig zu bespitzeln um ihn zu Fall zu bringen. Sein Name Björn Engholm SPD. Dieses Verhalten des CDU Landesvaters blieb nicht unentdeckt und besiegelte seinen Untergang. Es wurde an die große Glocke gehängt und Dr. Uwe Barschel musste aufgrund dieser Enthüllungen zurück treten. Trotz seiner Beteuerungen und eines gegebenen Ehrenwortes wurde er aus dem Amt gedrängt. Barschel stand nun mit dem Rücken zur Wand und wollte in einem Untersuchungsausschuss aussagen. Der gestürzte Politiker und vierfache Familienvater wollte unbedingt seinen Ruf wiederherstellen und nachweisen, dass er Opfer eines politischen Komplotts geworden sei, man würde noch von ihm hören und er würde nicht alleine fallen. Neun Tage später fand man ihn tot in der Badewanne eines schweizer Hotels mit einer Überdosis an Schmerz- und Betäubungsmitteln. Die Schweizer Behörden gingen von Anfang an von Selbstmord aus und ermittelten äußerst schlampig. Zeugen verschwinden, Tatortfotos waren unbrauchbar, wichtige Beweisstücke sind plötzlich nicht mehr auffindbar, der Todeszeitpunkt wurde nicht durch eine Körpertemperaturmessung ermittelt und vieles mehr!

Obwohl vieles an Beweisen durch die stümperhaften Ermittlungen der schweizer Behörden zerstört worden war, nahm eine deutsche Behörde das Ermittlungsverfahren 1994 wieder auf. Ausgerechnet der damalige Chefermittler, der leitende Oberstaatsanwalt a.D. in Lübeck, Heinrich Wille, packt jetzt aus: In einem Buch, das zu veröffentlichen ihm lange verboten worden war. In einem jahrelangen Prozess, wurden ihm immer wieder Steine in den Weg gelegt. Er würde Dienstgeheimnisse verraten, so hieß es. Jetzt mit seiner Pensionierung ist das Problem vom Tisch und sein Buch sorgt aktuell für Schlagzeilen…es heißt: „Ein Mord, der keiner sein durfte!“

Hier der aufrüttelnde 3Sat Bericht:




Weil hier im Netz ständig Denunzianten unterwegs sind, die unter dem Deckmantel des Urheberrechts sämtliche Quellen melden, wird es immer schwerer seine, im Grundgesetz garantierte Meinungsfreiheit, auszuüben. Wegen des gelöschten Videos hier das Interview von Oberstaatsanwalt Heinrich Wille als Radiointerview.

Akribisch rollt Wille den Fall noch einmal ganz von vorne auf, die Indizien für Mord häufen sich: So waren im Hotelzimmer keine Fingerabdrücke gefunden worden, nicht einmal von Barschel selbst, eigentlich komisch für jemanden der mehrere Tage in diesem Zimmer lebte. In den Telefonaten und seinen handschriftlichen Notizen kurz vor seinem Tod fand sich kein Hinweis auf Selbstmordabsichten. Nirgendwo Packungen der Medikamente, an denen er starb, und die Rotweinflasche, die er sich aufs Zimmer bestellt hatte, ist verschwunden. Im Abfalleimer lag ein leeres Whiskyfläschchen - in Barschels Körper wurde aber kein Alkohol festgestellt. Auf dem Wannenvorleger ein Fußabdruck, der nicht von Barschel stammt. Ein Knopf unterhalb der Krawatte wurde abgerissen, Hämatome an seiner Stirn, die benutzten Medikamente sind überstark und in der Schweiz verboten…alle Zeichen deuten auf Mord!!! Für Heinrich Wille steht fest: „Uwe Barschel wurde zum Opfer eines professionellen Killer-Teams.“

Willes Schilderung der Ermittlungen ist eine von Widerständen, Behinderungen und gezielter Einmischung der Politik. Sein kompetentes, detailreiches und spannendes Buch führt ins Labyrinth einer Affäre zwischen Politik, diversen Geheimdiensten und Waffenhändlern. Wille spekuliert nicht, ergeht sich nicht in Verschwörungstheorien. Auch er konnte den Fall nicht aufklären, obwohl er tat, was in seiner Macht stand. Was bleibt, ist eine Tat, deren Hintergründe aufzudecken ganz offensichtlich unerwünscht war. Maulkorbverordnungen seiner Vorgesetzen, Verweigerung der Nachrichten- und Ermittlungsdienste bei der Aufklärung des Falls. Diskreditierung der ermittelnden Staatsanwaltschaft durch die Presse, Morddrohungen von Fremden! „Es war eine Zeit die ich nie wieder erleben möchte“ erinnert sich Staatsanwalt Wille. Ohnmächtig vor Wut über die damalige Behinderung der Justiz und über die Tatsache dass so etwas in einem Rechtsstaat überhaupt möglich ist, veröffentlicht Wille nun sein Buch!!! Für mich ein sehr tapferer Mann von dessen Kaliber Deutschland unbedingt mehr braucht, oder mehr gebraucht hätte, auch in der Politik…einfach nur ehrliche, mutige Männer die an etwas glauben…für uns alle!!!

Liebe Grüße

Euer Micha

Quellen:
ZDF Aspekte - Der Mord der keiner sein durfte
3Sat Kulturzeit - Die Grenzen des Rechtsstaats
ZDF Mediathek - Ein Staatsanwalt packt aus

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen