Die Wahrheit brennt!!!

Sonntag, 13. Januar 2013

Wer spart zahlt zweimal - oder warum in Deutschland die Megabaustellen floppen!



Tja, Baufirmen...welcher kleine Hausbesitzer hatte noch keine Probleme mit Handwerkern. Ob Trockenbau, Fensterbau, Anbau/Erweiterung, Neueindeckung, Modernisierungen oder Energieumbauten - Mal eben und ohne Probleme geht es fast nie. Beim normalen Hausbesitzer drückt meistens noch das leere Portemonnaie deshalb wählt er den günstigsten weg, allerdings handelt er dabei trotzdem im Interesse des Objekts weil er selbst in ihm wohnt.

Bevor ich zum Kern dieses Artikels komme, schweife ich nochmal in meine eigenen Erlebnisse diesbezüglich ab - Im Sommer des Jahres 2008 zerstörte ein Hausbrand  den Anbau unseres Hauses bis auf die Grundmauern. Die Versicherung zahlte Gott sei Dank den Schaden, welcher so groß war das ich beim abendlichen Stuhlgang von unserer Toilette im Erdgeschoss aus die Sterne beobachten konnte. Der 1. Stock und das Dach waren nicht mehr vorhanden. 

Einige Tage später kam unser Versicherungsvertreter mit handwerklicher Verstärkung zurück. Auf unserem Hof parkten jede Menge neuer Leasingfahrzeuge mit tollen und bunten Schriftzügen deutscher Handwerksbetriebe. Dachdecker in Zunftkluft, wichtig dreinschauende Meister in Kitteln Statiker und viele andere sehr seriös erscheinende gutgekleidete Handwerker bevölkerten unser Haus. Nachdem alles zwei Tage lang mit dem "Zahlmeister" (der Versicherung) durchgesprochen wurde, verschwanden alle beteiligten. Gut zwei Wochen nach dem das Dach notdürftig mit einer Plane versehen wurde, begannen die Arbeiten. 

Ich traute meinen Augen kaum was an diesem Morgen geschah. Total verrostete Schrottkarren fuhren auf unser Grundstück. Autos aus Bulgarien, Rumänien, Polen und Russland mit den abenteuerlichsten Hänger-Konstruktionen bevölkerten unsere Baustelle jetzt. Arbeiter die man als solche gar nicht erkennen konnte arbeiteten wie die Besessenen und machten kaum Pausen. Wenn sie sich ein paar Minuten Zeit nahmen, suchten sie mit unserer Erlaubnis in unseren Kellern und Garagen nach Altmetall um sich was dazu verdienen zu können. Sie arbeiteten gut und schnell, allerdings kam nachher heraus das die verbauten Materialien überhaupt nicht für entsprechende Arbeiten geeignet waren. Die Folge: Schimmel, Kältebrücken, Undichtigkeiten und Auflösungserscheinungen, gegen die ich seit dieser Zeit ankämpfe. Ich bin ja froh das unser Haus überhaupt "gerettet" wurde, allerdings drängen sich mir hier Parallelen zu unseren Großbaustellen in Deutschland auf:

Ob Stuttgart 21, Kölner U-Bahn, Berlin Hauptstadtflughafen oder Elb-Philharmonie - Alle Projekte weisen ähnliche Vorgänge (wie oben beschrieben) auf, dazu kommen fehlende Generalunternehmer die die finanzielle und bauliche Verantwortung tragen. Jede kleine Firma versucht mit Subunternehmern die finanziellen Vorgaben zu halten und hat lediglich eine fachliche Grundverantwortung für ihren Arbeitsbereich. Keine Instanz koordiniert die Zusammenarbeit von zu vielen Einzelfirmen. Haushalte die unter Sparzwängen stehen, korrupte Politiker und Unternehmen die Vetternwirtschaft betreiben, Gutachten verfälschen und Probleme verschleiern, runden das Bild ab. Nur damit erstmal Tatsachen geschaffen werden können, wird losgelegt...aufstocken und ändern kann man ja immer noch und der Steuerzahler zahlt´s! Zum Beispiel schreibt die Taz zum BER Desaster:

"Im Jahr 2007 hatte die Flughafengesellschaft eine einzigartige Chance. Per europaweiter Ausschreibung suchte sie einen Generalunternehmer, der das komplette Terminal des künftigen Hauptstadtflughafens baut – zum Festpreis. Es gab sogar mehrere Anbieter, alle wollten rund eine Milliarde Euro für den Bau. Der Vorteil: Bei Problemen wäre der Staat fein raus gewesen, dafür hätte dann der Bauunternehmer gehaftet. Doch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) lehnte alle Angebote ab. Der „horrende Preis“ sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht vertretbar. Er ging davon aus, dass man das Gebäude auch für 620 Millionen Euro bauen kann. Also wurden viele Aufträge für Teilbereiche vergeben. Wer das macht, riskiert immer, dass es länger dauert und teurer wird"

Zur Elb-Philharmonie sagen Mitverantwortliche zur Taz folgendes:

Ursprünglich sollte die Stadt für die Elbphilharmonie 77 Millionen Euro zahlen. Die aktuelle Schätzung geht von mehr als 320 Millionen Euro aus. Ein Grund dabei: immer neue Änderungswünsche. Die Stadt hatte den Akustik-Experten Yasuhisa Toyota verpflichtet, der weltweit in Konzerthäusern für hervorragenden Klang gesorgt hat, zuletzt in Helsinki. Lange nach Baubeginn verlangte Toyota Umplanungen, etwa an der Decke.
„Wenn man nachträgliche Wünsche in einen Bauvertrag einbringt, dann ist das Risiko von Preissteigerungen immanent“, musste Dieter Peters, Geschäftsführer der städtischen Projekt-Realisierungsgesellschaft, im November vor dem Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft einräumen. Es sei ein Fehler gewesen, den Bauauftrag zu vergeben, bevor die Planung fertig war." 

Zum Betrugsfall Stuttgart 21 wäre viel zu sagen, im Kern jedoch liegt folgende Tatsache auf der Hand:

Gegen Überraschungen bei den Baukosten hilft auch, diese von Anfang an realistisch anzusetzen. Genau das ist in Stuttgart 21 nicht passiert – und zwar mit Absicht, analysiert Werner Rothengatter, emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften in Karlsruhe: „Es ist bekanntlich eine schlechte Praxis der Projektplanung in Deutschland, die Projekte mit möglichst niedrigen Kostenschätzungen über die parlamentarischen Hürden zu bringen, um nach Baubeginn mit kräftigen Erhöhungen der Wahrheit näher zu kommen.“

Quelle: Taz

Die Welt spricht sogar beim Kölner U-Bahn Desaster von organisierter Kriminalität. In Köln fiel aufgrund von betrügerischer Baukriminalität beim U-Bahnbau das Stadtarchiv zusammen, zwei Menschen starben und der Köllner Dom schwebt in Gefahr von ständigen Bauschäden heimgesucht zu werden. Aber lest selbst:

"Längst reicht es auch nicht mehr aus, für dieses Desaster den kölschen "Klüngel" verantwortlich zu machen. Hier sind – seit langer Zeit – gut organisierte Verbrecher am Werke, die systematisch falsch geplant, falsch gebaut und falsch abgerechnet haben. Und der Versuch der verantwortlichen Baufirmen, das alles nun mit der unersättlichen Raffgier einiger Poliere und Arbeiter zu entschuldigen, ist kontraproduktiv. Ebenso wie der Verweis des Vorstandschefs des Mannheimer Baukonzerns Bilfinger Berger, Mitarbeiter hätten die Computerprogramme nicht richtig zu bedienen gewusst. Erklärt das etwa, warum an einigen Stellen bis zu 83 Prozent der stabilisierenden Eisenbügel fehlen?!" 

Quelle: Die Welt

Ist das etwa "Made in Germany"? Ich finde nicht! Ehrlichkeit, Fachwissen, Gradlinigkeit, Genauigkeit und annähernde technische Perfektion - DAS IST MADE IN GERMANY!!! Wir müssen weg von der "Geiz ist geil" Mentalität, weg von einem Egoismus und dem Effizienzsteigerungswahnsinn (mit geringstem Aufwand das Maximalste erreichen zu wollen) den uns die Globalisierungspriester einhämmern. Verantwortung mit zwei- und dreifachem Netz nach einem Mehraugenprinzip gründlich kontrolliert, das tut Not. Zugegeben solche qualitätsorientierten Systeme und klare Haftungsgrundsätze kosten Geld, Geld welches sich im nachhinein (bei erfolgreicher Umsetzung) gleich mehrfach auszahlt, nämlich nicht nur in einem soliden Bau, sondern auch als Werbung für deutsche Gründlichkeit - Werbung die Aufträge bringt. Wenn aber das Geld für die ordentliche Umsetzung solcher Großprojekte nicht da ist, dann lässt man sie eben sein - genau wie der kleine Häuslebauer eben auch, oder man geht einen Schritt weg von der Gigantomanie und verbessert vorhandenes. Man würde sich wundern wie gut Altes funktionieren kann, wenn man es gut durchdacht verbessert!!! 

In diesem Sinne

Liebe Grüße

Euer Micha

Quellen: 

Taz - Kostenexplosionen bei Großprojekten
Die Welt - U-Bahn Desaster trifft Köln ins Mark
buergerrechtler um 12:37

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