Bereits 2011 sollte das James Webb Teleskop von der Erde abheben, nun ist es mit über zehnjähriger Verspätung endlich auf dem Weg seiner Bestimmung zu folgen. Am 1. Weihnachtstage 2021 startete das teuerste und ambitionierteste Weltraumprojekt seit den Apollo Missionen – Der Hubble Nachfolger James Webb! Eine Ariane 5 Rakete der europäischen ESA wuchtete das über 6,2 Tonnen schwere und über 10 Milliarden Dollar teure Teleskop, um 12:20 Uhr UTC, von Guayana aus in den Orbit. Das dieses grazile Konstrukt aus feinster Mechanik, Elektronik, Berylium-Spiegeln und dünnster Hightech-Folie die freigesetzte Energie und die G-Belastungen des Startinfernos überstanden hat grenzt an ein Wunder. Hier mal ein Foto des Starts.
Sein Ziel ist der
ca. 1,5 Millionen Kilometer entfernte Lagrange Punkt 2, (Bild unten)
hier gleichen sich die Schwerkräfte der Sonne und der Erde
gegenseitig aus und ermöglichen somit eine mehr oder weniger
konstante, der Erde folgenden Kreisbahn, welche aber immer wieder mal
korrigiert werden muß. Aus diesem Grund hat das James Webb Teleskop
Treibstoffreserven für etwa 10-15 Jahre an Bord, kann aber auch
später noch von weiteren Missionen betankt werden. Eine
Service-Reparatur, wie sie bei Hubble nötig wurde, ist allerdings
aufgrund der Entfernung zur Erde eher nicht möglich.
Gleich einer Schmetterlingspuppe saß das Teleskop zusammengefaltet auf seiner Trägerrakete und trennte sich nach einem Bilderbuchstart perfekt von dieser. (siehe Foto unten) Während seiner etwa 30 tägigen Reise wird sich das James Webb dann langsam aber hoffentlich sicher auseinander falten. Bei diesem Vorgang handelt es sich um einen hoch komplexen Prozess bei dem viel schief gehen kann, deshalb sprechen Insider auch von den „30 days of horror“. In 130 Schritten müssen über 300 Mechanismen reibungslos in einander greifen. Sollte alles klappen wird das Webb, allein von der Art des Entfaltens und von seinen Farben her, der Analogie vom Schmetterling mehr als gerecht werden. Es entsteht ein in Violett und Grau schimmerndes Gebilde von der Größe eines Bolzplatzes, auf dem ein strahlend goldener 25 Quadratmeter Spiegel aus 18 Segmenten mit einem Gesamtdurchmesser von 6,5 Metern thront, solche Abmessungen sind selbst bei erdgebundenen Spiegel-Teleskopen nicht oft zu finden. Hierdurch entsteht eine enorme Bündelung von Licht welche das James Webb um ein vielfaches empfindlicher macht als das Hubble Teleskop.
Mit einer Brennweite von über 130 Metern werden durch das James Webb Dinge sichtbar von denen man mit dem Hubble-Teleskop nur träumen konnte. Dieses neuartige Teleskop kann sogar dank seiner Infrarotkonzeption durch Staubwolken blicken und Exoplaneten sowie deren Atmosphären analysieren. Der Einsatzbereich des Webbs geht sogar bis zur Beobachtung der ersten Galaxien überhaupt, direkt nach dem Urknall - Wir sprechen also nicht nur über ein besseres Teleskop, sondern über eine Revolution der Weltraumbeobachtung. Die NASA, die ESA und die CSA arbeiten seit 1996 beim "Webb" Projekt zusammen, die gesamte Entwicklung dauerte über 30 Jahre! Sollte dieses Teleskop funktionieren, hebt das die gesamte Menschheit auf ein neues Niveau des Wissens über die Zusammenhänge des Universums. Go Webb, Go!!!! Ich drücke dieser Mission ganz fest die Daumen, auf das wir Menschen unseren Horizont erweitern und endlich merken was mit ZUSAMMENARBEIT immer noch möglich ist. Einer der wenigen guten Tage für die Menschheit im Jahr 2021!!!
Guten Rutsch ins Jahr 2022
wünscht Euer Micha
Update 28.12.21:
Das James Webb Teleskop passiert gerade etwa die Mondbahn und hat bereits die Solarpaneele ausgeklappt. In Kürze wird damit begonnen werden den Sonnenschild zu entfalten. Dieser Schild wird verhindern das die Wärme der "heißen Seite" und die Sonnenstrahlen die empfindlichen Infrarotgeräte der "kalten Seite" beeinflussen. Da das Webb hauptsächlich im Infrarotbereich arbeitet hätte auch nur die geringste Wärme verheerende Konsequenzen für die Bildqualität, deshalb wird das Webb sogar auf seiner kalten Seite bis nahe dem absoluten Nullpunkt auf -223 Grad gekühlt. Bis diese Temperatur allerdings erreicht ist vergehen noch einige Monate, erst dann können wir auf spektakuläre Bilder hoffen.
Was Wärmestralung auf Astrofotos so anrichtet kann ich aus eigener Erfahrung in den beiden nächsten Bildern von mir zeigen. Das erste Bild ist mit der Abwärme meiner Umgebung vollkommen rotstichig geworden. Es hat Stunden der Bearbeitung benötigt die Wärmestrahlung weitgehend zu entfernen, aber selbst danach ist die Wärmestrahlung vom Dach meines Nachbarn auf Blid 2 noch gut zu erkennen.
Wenn Ihr die Mission weiter live verfolgen möchtet, folgt einfach den unteren Link:
Hier geht's zur NASA Mission Control
Update 05.01.2022:
Das Sonnenschild ist nach ein paar kleinen Schwierigkeiten jetzt vollkommen ausgefahren. Laut NASA Informationen funktionierte ein Sensor zur Überwachung des Entfaltungsvorganges zeitweise nicht, was aber den eigentlichen Vorgang nicht beeinflusste. Die Instrumente des Webb Teleskops sind nun vollkommen abgeschirmt von der Sonnen- und Erdwärmestrahlung was die Sensoren bereits gut anzeigen. Aktuell liegt die Temperatur auf der heißen Seite zwischen +12 und + 54 Grad Celsius, auf der kalten Seite sind es je nach Sensor zwischen -145 und -200 Grad Celsius. Im nachfolgenden Bild kann man gut sehen wie das Webb Schild funktioniert, die dort angegebenen Temperaturen und der Status der Entfaltung beziehen sich allerdings auf die finale Phase der Mission.
Bildquelle: NASA-Livestream Screenschot
Bildquelle: NASA-Livestream Screenschot
Das obere Bild spiegelt den momentanen Status der Mission am 05.01.22 wieder. Es fehlt noch die Entfaltung und Justierung des Sekundär- (Bündelungsspiegel an der Front) und des Primärspiegels (an den Seiten des Hauptspiegels). Mittlerweile hat das Webb fast 1.000.000 Kilometer zurückgelegt, was gut 2/3 der Wegstrecke bedeutet, allerdings hat es dabei seine Geschwindigkeit von ca. 1000 Meter Sekunde, auf etwa 500 Meter Sekunde halbiert. Diese Reduktion ist ein gewolltes langsames "auslaufen", damit keine harten und treibstoffaufreibenden Bremsmanöver beim Erreichen des L 2 Punktes nötig werden. Das Webb wird also immer langsamer bis zum Erreichen seines Ziels. Die nächste anstehende Aktion ist das Ausfahren des Sekundärspiegels.
Stay tuned
Euer Micha
Update 09.01.2022:
Der Sekundärspiegel und die beiden Seiten des Hauptspiegels haben sich problemlos in Position gebracht, nun ist es soweit, das James Webb Teleskop ist voll entfaltet! Alles hat bis jetzt fast planmäßig funktioniert und ein erstes Aufatmen ist unter den Astronomen der Welt und den Ingenieuren der NASA zu vernehmen. In den jetzt noch verbleibenden ca. 350.000 km bis zum Lagrange-Punkt werden die einzelnen Spiegel motorgesteuert zueinander feinstjustiert, auch das ist Schwerstarbeit und dauert noch etwa 11 Tage, danach wird das Webb in den Orbit des Lagrange-Punktes eingeschwenkt. Hier das voll entfaltete Webb Teleskop.
Bilquelle: Nasa Stream Screenshot
Bis Später am Lagrange Point 2
Euer Micha
Quellen:
NZZ - James Webb, Astronomie in neuen Spähren
Tagesschau - Die Hoffnung von 10.000
Watson - James Webb ist unterwegs
BR - Hubble Nachfolger gestartet