Peter Scholl-Latour wurde 1924 als
Sohn von Otto Scholl-Latour und seiner französischen Mutter (seltsam das seine Mutter nirgendwo namentlich Erwähnung findet) in Bochum geboren. Schon früh
lernte er die Auswirkungen von Politik auf sein persönliches Leben kennen. Seine
Mutter entging nur knapp der Verfolgung durch die Nazis und im Jahre 1940
musste er das Schweizer Jesuitenkolleg verlassen weil Geldüberweisungen in die
Schweiz vom NS Regime verboten wurden. Peter Scholl-Latour beendete sein Abitur
dann notgedrungen auf dem Wilhelmsgymnasium in Kassel. Noch während des 2. Weltkrieges
versuchte Scholl-Latour sich gegen das NS Regime zu wenden, in dem er Freiwilliger
in der französischen Armee werden wollte, dabei wurde er von der Gestapo
verhaftet. Auch wenn er die Abgründe der Gestapo hierbei erfahren hat, so wollte
er doch nie den Bonus eines Widerstandskämpfers haben, wie er sagte. Andere Möchtegern-Widerständler
würden dieses Thema schon genug beanspruchen, so Scholl-Latour weiter.
Nach dem Krieg, während seines Studiums,
arbeitete er als Reise-Journalist für deutsche und französische Zeitungen, bereits
zu dieser Zeit bereiste Scholl-Latour Amerika, Afrika, den Vorderen Orient sowie
große Teile Süd- Ost Asiens. Er studierte an der Uni Mainz und der Pariser
Sorbonne Politikwissenschaften und Philologie. Später schloss er noch ein
Studium in Arabistik und Islamkunde an der Beiruter Saint Joseph Universität an.
Mitte der 50er Jahre arbeitete
Peter Scholl-Latour für die saarländische Regierung bevor er dann endgültig mit
Haut und Haaren dem Journalismus verfiel. Afrika Korrespondent, Gründer des Pariser
ARD Studios, Chefkorrespondent des ZDF, WDR Fernsehdirektor - die Liste seiner
großen Posten in den deutschen öffentlich rechtlichen Medien war beeindruckend.
Trotzdem ließ er sich nie festbinden. Er besuchte stets die Länder über die er
berichtete! In allen Krisengebieten der Welt war er zu Hause, bis er sogar in Vietnam
vom Vietkong entführt wurde.
Scholl-Latour bemühte sich immer
beide Seiten der Konfliktparteien zu hören und konzentrierte sich stets auf
eine analytische und sachliche Berichterstattung ohne hetzerische Untertöne.
Sein Credo war es mit den Menschen Vorort zu reden um die großen Zusammenhänge
verstehen zu können. Interne Begebenheiten und gewachsene Kulturen zu verstehen
um dadurch die Gründe der globalen Krisen zu entschlüsseln, das war seine
größte Stärke. Diese verständnisvolle Sicht auf die Welt und die Berichterstattung
darüber prägten maßgeblich die differenzierte Meinung des Nachkriegs-Deutschlands
über die Geschehnisse in der Welt.
Peter Scholl-Latour erwarb sich
zurecht den "Titel" Weltenerklärer. Niemand in den Medien und in der
Politik konnte und durfte seine Meinung ignorieren. Er war einfach ein Mann von
Welt, ein Gentlemen mit deutschem und französischen Pass - Einer der sich vom
Grenzgänger über den Weltenbummer bis hin zum heimlichen Vorbild aller
Journalisten entwickelte. Die meisten Korrespondenten und Journalisten ziehen
es bis heute vor, eingebettet aus der jeweiligen Regierungsstruktur zu
berichten - sicher und luxuriös in 5 Sterne-Hotels ein gebucht - Scholl-Latour
ging dahin wo es physisch weh tat Journalist zu sein. Er schlief in Zelten und
Schlafsäcken mitten zwischen den jeweiligen Fronten und meinte einmal das seine
militärischen Fähigkeiten ihm oft das Leben gerettet hätten. Er war eine moralische-
und eine politische Medieninstanz der man sich einfach nicht entziehen konnte.
Nach seiner Medien-Karriere brillierte
Scholl-Latour als Buchautor und war Gast in zahlreichen Talkshows. Seine vielen
Sachbücher, in denen er historische Entwicklungsstränge mit seinen journalistischen
Erlebnissen verknüpfte, brachten ihm auch unangebrachte Kritik und den Vorwurf
der Vereinfachung ein - wahrscheinlich weil er sachlich kompetent, scheinbar verschiedene,
unbequeme Fakten miteinander verband. Auch in besagten Talkshows überfuhr er verbal
manchen "Dummschwätzer" mit sehr harten Argumenten und machte sich so
nicht immer Freunde - Was nebenbei erwähnt auch nicht sein Ziel war! Er war unbequem
doch stets korrekt und kompetent in seinen Aussagen. Scholl-Latour haderte mit
zunehmenden Jahren auch mit den Massenmedien, welche sich seiner Ansicht nach zunehmend
in Richtung Einheitsbrei verschlechterten - unvergessen blieb für mich auch deshalb
sein folgender Ausspruch:
"Wenn Sie sich einmal anschauen, wie einseitig die hiesigen
Medien, von TAZ bis Welt, über die Ereignisse in der Ukraine berichten, dann
kann man wirklich von einer Desinformation im großen Stil berichten, flankiert
von den technischen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters, dann kann man nur
feststellen, die Globalisierung hat in der Medienwelt zu einer betrüblichen
Provinzialisierung geführt."
Peter Scholl-Latour war bis
zuletzt privat politisch aktiv. Der unbedingte Wille das Geschehene selbst zu untersuchen
- abseits der journalistisch ausgetretenen Pfade - brachte Scholl-Latour noch im Jahre 2011 dazu
den syrischen Präsidenten Assad zu besuchen. Nach einem Interview mit Assad
sagte Scholl-Latour darüber, dass er sich zwar keinerlei neue Informationen
über die Sachlage verschaffen konnte, allerdings habe er sich menschlich ein
gutes Bild über den Zustand Baschar al-Assads machen können. So haben wir ihn
kennen und schätzen gelernt - immer offen und neugierig, jede Information
aufnehmend! Peter Scholl-Latour - eine Stütze der Demokratie wie ich finde,
starb gestern im Alter von 90 Jahren nach längerer Krankheit. Mein tief
empfundenes Beileid gilt seinen Angehörigen und Freunden. Mit Peter Scholl-Latour
ging einer der letzten Menschen von Bord der die Welt und ihre Menschen wirklich
verstanden hatte...
Liebe Grüße
Euer Micha
Quellen:
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