Montag, 29. Oktober 2018

Aktives Bi-Amping – Eine Kraftexplosion!


Ich bin schon einige Zeit ein stolzer T+A Anlagen Besitzer und beschäftige mich zusätzlich sehr viel mit dem High-End Hifi Umfeld, zum Beispiel mit der Konstruktion von Zusatzgeräten. Die Reparatur und Generalüberholung von Geräten hochwertiger Hersteller sind mir ebenfalls nicht fremd. Im Frühjahr diesen Jahres plante ein Kollege die Generalüberholung seiner Restek Endstufen, weil eine der Endstufen zudem heftig brummte, beauftragte er mich seine Extract Zwilinge zu reparieren und gleichzeitig zu überholen. Das Ergebnis der Restaurierung war ein blitzsauberer Klang, als hätte man einen Vorhang aufgezogen. Dieser Klang inspirierte mich meine etwas verhangene T+A Kombi upzugraden….

Hier noch ein paar Fotos von dieser wunderschönen Restek Endstufe 




Nach kurzer Durchsicht meiner technischen und finanziellen Möglichkeiten entschied ich mich für ein aktives Bi-Amping Konzept. Da meine TB 140 über Bi-Wiring Terminals verfügen bot sich diese Tuningmöglichkeit geradezu an, dazu muss ich anmerken das alleiniges Bi-Wiring (also die Nutzung von 4 Kabeln anstatt 2 Kabeln pro Box absolut NICHTS an hörbaren Vorteilen in meiner Kette hervorbrachte! Die Bi-Amping Technik zieht hingegen ihren Vorteil aus zwei Verstärkern, wovon jeder nur ein speziellen Teil der Box zu versorgen hat - Zum Beispiel ein Verstärker für den Hoch-Mittelton und einen Verstärker für den Bassbereich. Durch diese Aufteilung werden die Verstärker lastmäßig enorm befreit und spielen besser und kontrollierter auf. Die Königsdisziplin des Bi-Amping, stellt dann noch aktives Bi-Amping dar. In dieser Zusammenstellung wird jedem Verstärker sein genaues Frequenzband von einer Aktivweiche zugewiesen. Jeder Amp wird also zum Experten für seinen eigenen Frequenzbereich, im Extremfall kann die passive Weiche der Box somit entfernt werden und jedes Lautsprecherchassis bekommt seinen eigenen Verstärker! Die Aktivweiche wird im übrigen zwischen dem Vorverstärker und den Endstufen (in meinem Fall via Cinchkabel) angeschlossen.

Zuerst einmal war also eine zweite Endstufe von Nöten. Die wichtigsten Parameter hierbei sollten folgende sein:

1. In etwa die gleiche Leistung und Qualität der vorhandenen Endstufe. (optimal wäre die gleiche Endstufe)

2. Die Eingangsimpedanz sollte gleich sein. (optimal wäre die gleiche Endstufe)
3. Die Endstufe sollte einen regelbaren Eingang haben.
4. Die Klangcharakteristik sollte ähnlich sein (ist aber kein muss – je nach Wusch der Veränderung)

Da meine T+A A1500 zwar Kraft wie Bulle aber keine Eingangsregelung hat und im Hoch- Mittelton etwas zierlich und zurückhaltend agiert (was sich beim Sound von metallischen Gitarrenseiten bemerkbar machte) brauchte ich etwas analytisches. Mir schwebte ein Engländer wie Rotel, NAD , Cambridge oder Arcam vor. Schließlich wurde ich bei Ebay Kleinanzeigen mit einem NAD C 270 fündig (nicht zu verwechseln mit dem C 272 welcher in China konstruiert wurde und bei dem Brandgefahr besteht!!!) - Dieser Verstärker kostete mich nur schlappe 270 Euro. Die Leistungsdaten entsprachen bis auf 10 Watt pro Kanal meinem T+A, der Eingang war Regelbar und die Eingangsimpedanz war ebenfalls gleich. Also ein guter Kandidat! NAD C 270 erster Test nach dem Einmessen (Bild unten oberer Verstärker)

Leider wohnt in mir ein kleiner Perfektionist, ergo wollte ich die ganze Sache aktiv ausrichten. Trauriger Weise gibt es im High-End Bereich nur sehr, sehr wenige Aktivweichen-Hersteller welche zum Teil enorm teure Geräte anbieten. In der PA Technik hingegen wird man mit DSPs (Digital Sound Prozessoren) mit Aktivweichenfunktion zugeworfen. Diese günstigen Fertiggeräte verfügen zwar über ansehnliche prozessorgesteuerte Effektmöglichkeiten, aber ihre Qualitätsschwächen in den Filtergliedern und den Netzteilen ist unüberseh- bzw. unüberhörbar. Deshalb entfiel diese Option sehr schnell. Allerdings kannte ich durch meine Netzteil-Projekte bereits die Seite von Thel Audio World und entdeckte dort beim Stöbern eine erstaunliche Platine. Die Aktivweiche SAW 30.2 ist eine High-End Aktivweiche gespickt mit Wima Kondensatoren und audiophilen Ops. Die Leistungsdaten sind beeindruckend - 24 dB Flankensteilheit bei null Phasendrehung. Das Besondere an dieser Weiche ist der psychoakustische Aufbau, welcher die Eigenschaften des menschlichen Gehörs berücksichtigt. Trotz dieser Bauweise ist auf dieser Platine ein echter symmetrischer Aufbau verwirklicht worden. Der Kostenpunkt dieser Weiche in der Stereo 2 Wege Ausführung (Ohne Netzteil) liegt bei 168,- Euro zuzüglich 8 Euro Versand. Hier die Weichenplatine (siehe unten)


Jetzt mussten noch Gehäuse, Kleinteile und ein hochwertiges Netzteil her. Wie Immer konnte ich alle Kleinteile und das Weichen-Gehäuse (Proma EG2) sowie die Neutrik Cinchbuchsen bei Reichelt günstig bestellen. Oelbach NF und LS Kabel fand ich genauso bei Ebay, wie die Basisplatine, die Platinenhalter und das Typenschild. Sämtliche Kosten für das Weichen-Fertiggerät (ohne Netzteil) waren somit 220 Euro. Die Netzteilkosten beliefen sich inkl. Gehäuse (diesmal Sparversion aus Kunststoff) auf 110 Euro. Als Netzteil wählte ich das symmetrische Thel 10 Watt Netzteil NT-10HQ-15 in der 2x15 Volt Version. Die Trennfrequenz ist im übrigen durch sehr präzise Schalter auf der Platine der Weiche fast frei wählbar, in meinem Boxen-Fall (der T+A TB 140) betrug sie 231 Hz. Bei 231 Hz wurde also (identisch mit dem Datenblatt der Box) der Hochmittelton vom Bassbereich aufgetrennt, somit konnte der Bassteil der T+A Passivweiche entfernt werden. Der Hoch- Mitteltonteil der Passivweiche (in der Box) bleibt erhalten, wird aber in absehbarer Zeit durch Mundorf Kondensatoren und MOX Widerstände aufgewertet. Weiterhin positiv zu erwähnen ist die Möglichkeit sämtliche Pegel der Kanäle auf der Aktiv-Weiche dem persönlichen Geschmack anzupassen. Selbst sehr leise Pegel mancher Vorverstärker können durch die Pegelanpassung enorm (bis zu 3 fach) verstärkt werden! Hier nun ein paar Bilder der Weichen- und Netzteilfertigung (siehe unten)



Das Ergebnis nach der Pegelabstimmung war….Booooom!!!

Wenn man bei der schwächsten Aufnahme, egal ob Platte, MP3, oder CD seine Klangregelung samt Loudness vergessen kann und will war das ein Volltreffer! Jede „Kackaufnahme“ war plötzlich echt gut. Solch eine „Urgewalt“ hätte ich nicht erwartet. Alles hatte plötzlich eine unglaubliche Präsenz. Das Gitarrenspiel von Mark Knopfler, Alan Taylor oder Don Alder strotzte nur so vor metallischem Gitarrenseiten-Sound...man hört die Fingerrillen auf der Gitarrenseite plötzlich so deutlich, das man sich fragt wie man vorher eigentlich Musik gehört hat. Die Gewitter im Intro von „Brothers in Arms“, oder selbiges in Psyches „Unveiling the secret“ klingen derart elektrisch das man eine Gänsehaut bekommt. Und den Tiefton der eh schon bassstarken Scheibe „Schwarz zu Blau“ von Peter Fox spüren jetzt sogar meine Vorfahren – der Hammer! Das Ganze war die Befreiung...nein - die Entfesselung meiner gesamten Hifianlage – GROßARTIG! Angeschlossen als Bassverstärker wurde der T+A, als Hoch- Mittelton Verstärker agiert der NAD. Ich habs auch mal anders rum probiert allerdings schafft der NAD es nicht die TB 140 von T+A zu kontrollieren. Da hat die A1500 Endstufe mit 1000 dB doch ein paar größere Dämfungsfaktor-Eier ;o) Also halten wir fest…..: Bi -Amping ist echt gut, aktives Bi-Amping ist noch besser! Bi-Wiring hingegen hat absolut keine Auswirkung auf den Klang, zumindest nicht in meiner Kette (ergo Hifi-Vodooo ;o) Unten nochmal die komplette Anlage nach dem Upgrade.

Ich hoffe den einen oder anderen vielleicht zu einem Hifi Experiment ermutigt zu haben.



Liebe Grüße


Euer Micha

Gesamtkosten Weiche + Netzteil: 330,- Euro
Kosten NAD Endstufe : 270,- Euro
Ein paar wertige Cinch- und LS Kabel: 40,- Euro
Total: 640,- Euro