Tja, Baufirmen...welcher kleine Hausbesitzer hatte noch
keine Probleme mit Handwerkern. Ob Trockenbau, Fensterbau, Anbau/Erweiterung, Neueindeckung,
Modernisierungen oder Energieumbauten - Mal eben und ohne Probleme geht es fast
nie. Beim normalen Hausbesitzer drückt meistens noch das leere Portemonnaie deshalb
wählt er den günstigsten weg, allerdings handelt er dabei trotzdem im Interesse
des Objekts weil er selbst in ihm wohnt.
Bevor ich zum Kern dieses Artikels komme, schweife ich
nochmal in meine eigenen Erlebnisse diesbezüglich ab - Im Sommer des Jahres
2008 zerstörte ein Hausbrand den Anbau unseres
Hauses bis auf die Grundmauern. Die Versicherung zahlte Gott sei Dank den Schaden,
welcher so groß war das ich beim abendlichen Stuhlgang von unserer Toilette im Erdgeschoss
aus die Sterne beobachten konnte. Der 1. Stock und das Dach waren nicht mehr
vorhanden.
Einige Tage später kam unser Versicherungsvertreter mit
handwerklicher Verstärkung zurück. Auf unserem Hof parkten jede Menge neuer
Leasingfahrzeuge mit tollen und bunten Schriftzügen deutscher Handwerksbetriebe.
Dachdecker in Zunftkluft, wichtig dreinschauende Meister in Kitteln Statiker
und viele andere sehr seriös erscheinende gutgekleidete Handwerker bevölkerten
unser Haus. Nachdem alles zwei Tage lang mit dem "Zahlmeister" (der
Versicherung) durchgesprochen wurde, verschwanden alle beteiligten. Gut zwei
Wochen nach dem das Dach notdürftig mit einer Plane versehen wurde, begannen
die Arbeiten.
Ich traute meinen Augen kaum was an diesem Morgen geschah.
Total verrostete Schrottkarren fuhren auf unser Grundstück. Autos aus Bulgarien,
Rumänien, Polen und Russland mit den abenteuerlichsten Hänger-Konstruktionen
bevölkerten unsere Baustelle jetzt. Arbeiter die man als solche gar nicht
erkennen konnte arbeiteten wie die Besessenen und machten kaum Pausen. Wenn sie
sich ein paar Minuten Zeit nahmen, suchten sie mit unserer Erlaubnis in unseren
Kellern und Garagen nach Altmetall um sich was dazu verdienen zu können. Sie
arbeiteten gut und schnell, allerdings kam nachher heraus das die verbauten Materialien
überhaupt nicht für entsprechende Arbeiten geeignet waren. Die Folge: Schimmel,
Kältebrücken, Undichtigkeiten und Auflösungserscheinungen, gegen die ich seit
dieser Zeit ankämpfe. Ich bin ja froh das unser Haus überhaupt
"gerettet" wurde, allerdings drängen sich mir hier Parallelen zu
unseren Großbaustellen in Deutschland auf:
Ob Stuttgart 21, Kölner U-Bahn, Berlin Hauptstadtflughafen
oder Elb-Philharmonie - Alle Projekte weisen ähnliche Vorgänge (wie oben
beschrieben) auf, dazu kommen fehlende Generalunternehmer die die finanzielle
und bauliche Verantwortung tragen. Jede kleine Firma versucht mit
Subunternehmern die finanziellen Vorgaben zu halten und hat lediglich eine
fachliche Grundverantwortung für ihren Arbeitsbereich. Keine Instanz
koordiniert die Zusammenarbeit von zu vielen Einzelfirmen. Haushalte die unter
Sparzwängen stehen, korrupte Politiker und Unternehmen die Vetternwirtschaft
betreiben, Gutachten verfälschen und Probleme verschleiern, runden das Bild ab.
Nur damit erstmal Tatsachen geschaffen werden können, wird
losgelegt...aufstocken und ändern kann man ja immer noch und der Steuerzahler zahlt´s!
Zum Beispiel schreibt die Taz zum BER Desaster:
"Im
Jahr 2007 hatte die Flughafengesellschaft eine einzigartige Chance. Per
europaweiter Ausschreibung suchte sie einen Generalunternehmer, der das
komplette Terminal des künftigen Hauptstadtflughafens baut – zum Festpreis. Es
gab sogar mehrere Anbieter, alle wollten rund eine Milliarde Euro für den Bau.
Der Vorteil: Bei Problemen wäre der Staat fein raus gewesen, dafür hätte dann
der Bauunternehmer gehaftet. Doch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus
Wowereit (SPD) lehnte alle Angebote ab. Der „horrende Preis“ sei aus
wirtschaftlichen Gründen nicht vertretbar. Er ging davon aus, dass man das
Gebäude auch für 620 Millionen Euro bauen kann. Also wurden viele Aufträge für
Teilbereiche vergeben. Wer das macht, riskiert immer, dass es länger dauert und
teurer wird"
Zur Elb-Philharmonie sagen Mitverantwortliche zur
Taz folgendes:
Ursprünglich sollte die Stadt für die
Elbphilharmonie 77 Millionen Euro zahlen. Die aktuelle Schätzung geht von mehr
als 320 Millionen Euro aus. Ein Grund dabei: immer neue Änderungswünsche. Die
Stadt hatte den Akustik-Experten Yasuhisa Toyota verpflichtet, der weltweit in
Konzerthäusern für hervorragenden Klang gesorgt hat, zuletzt in Helsinki. Lange
nach Baubeginn verlangte Toyota Umplanungen, etwa an der Decke.
„Wenn man nachträgliche Wünsche in einen
Bauvertrag einbringt, dann ist das Risiko von Preissteigerungen immanent“,
musste Dieter Peters, Geschäftsführer der städtischen
Projekt-Realisierungsgesellschaft, im November vor dem Untersuchungsausschuss
der Hamburger Bürgerschaft einräumen. Es sei ein Fehler gewesen, den Bauauftrag
zu vergeben, bevor die Planung fertig war."
Zum
Betrugsfall Stuttgart 21 wäre viel zu sagen, im Kern jedoch liegt folgende
Tatsache auf der Hand:
Gegen Überraschungen bei den
Baukosten hilft auch, diese von Anfang an realistisch anzusetzen. Genau das ist
in Stuttgart 21 nicht passiert – und zwar mit Absicht, analysiert Werner
Rothengatter, emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften in
Karlsruhe: „Es ist bekanntlich eine schlechte Praxis der Projektplanung in
Deutschland, die Projekte mit möglichst niedrigen Kostenschätzungen über die
parlamentarischen Hürden zu bringen, um nach Baubeginn mit kräftigen Erhöhungen
der Wahrheit näher zu kommen.“
Quelle: Taz
Die Welt spricht sogar beim Kölner U-Bahn Desaster von
organisierter Kriminalität. In Köln fiel aufgrund von betrügerischer Baukriminalität
beim U-Bahnbau das Stadtarchiv zusammen, zwei Menschen starben und der Köllner
Dom schwebt in Gefahr von ständigen Bauschäden heimgesucht zu werden. Aber lest
selbst:
"Längst reicht es auch nicht mehr aus,
für dieses Desaster den kölschen "Klüngel" verantwortlich zu machen.
Hier sind – seit langer Zeit – gut organisierte Verbrecher am Werke, die
systematisch falsch geplant, falsch gebaut und falsch abgerechnet haben. Und
der Versuch der verantwortlichen Baufirmen, das alles nun mit der
unersättlichen Raffgier einiger Poliere und Arbeiter zu entschuldigen, ist
kontraproduktiv. Ebenso wie der Verweis des Vorstandschefs des Mannheimer
Baukonzerns Bilfinger Berger, Mitarbeiter hätten die Computerprogramme nicht
richtig zu bedienen gewusst. Erklärt das etwa, warum an einigen Stellen bis zu
83 Prozent der stabilisierenden Eisenbügel fehlen?!"
Quelle: Die Welt
Ist das etwa
"Made in Germany"? Ich finde nicht! Ehrlichkeit, Fachwissen,
Gradlinigkeit, Genauigkeit und annähernde technische Perfektion - DAS IST MADE
IN GERMANY!!! Wir müssen weg von der "Geiz ist geil" Mentalität, weg
von einem Egoismus und dem Effizienzsteigerungswahnsinn (mit geringstem Aufwand
das Maximalste erreichen zu wollen) den uns die Globalisierungspriester einhämmern.
Verantwortung mit zwei- und dreifachem Netz nach einem Mehraugenprinzip gründlich
kontrolliert, das tut Not. Zugegeben solche qualitätsorientierten Systeme und klare
Haftungsgrundsätze kosten Geld, Geld welches sich im nachhinein (bei
erfolgreicher Umsetzung) gleich mehrfach auszahlt, nämlich nicht nur in einem
soliden Bau, sondern auch als Werbung für deutsche Gründlichkeit - Werbung die
Aufträge bringt. Wenn aber das Geld für die ordentliche Umsetzung solcher
Großprojekte nicht da ist, dann lässt man sie eben sein - genau wie der kleine
Häuslebauer eben auch, oder man geht einen Schritt weg von der Gigantomanie und
verbessert vorhandenes. Man würde sich wundern wie gut Altes funktionieren
kann, wenn man es gut durchdacht verbessert!!!
In diesem
Sinne
Liebe Grüße
Euer Micha
Quellen:
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