Sonntag, 6. April 2014

Straßenkameras mal näher betrachtet...


Da ich als Außendiensttechniker naturgemäß viel auf den Straßen in NRW unterwegs bin, ist mir der sprunghafte Anstieg von Kameras an Autobahnen und Landstraßen, sowie an Ampeln nicht entgangen - Dieser Sache bin ich mal nachgegangen. Laut "Straßen NRW" und den Straßenbetrieben anderer Bundesländer - sei die Auflösung dieser Kameras zu gering um Personen oder Fahrzeuge zu identifizieren. Die Systeme würden ausschließlich zur Steuerung der digitalen Verkehrsleitsysteme und zur Nutzung im Verkehrsinfoportal verwendet. Der normale NRW-Autofahrer könne demnächst sogar per Smartphone die Echtzeit-Verkehrslage im Verlauf seiner Reiseroute in Online-Streams überprüfen, dort könne man auch keine Personen oder gar Kennzeichen erkennen - deshalb sei man datenschutzmäßig auf der sicheren Seite. Eine Speicherung der Videos fände nicht statt....Soweit die offizielle Aussage.

Weil ich aber tendenziell misstrauisch gegenüber offiziellen Aussagen bin, habe ich mal ein wenig recherchiert um die verbaute Hardware bei diesen Systemen kennenzulernen. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen das in NRW und in anderen Bundesländern Millionenbeträge für Schrott ausgegeben wird. Da ich mit googeln nach Herstellern solcher Systeme nicht wirklich weiter kam, habe ich nach öffentlichen Ausschreibungen gesucht und bin fündig geworden. So bin ich dann auf die Ausschreibung einer geplanten Verkehrsüberwachungsanlage an der A45 (Lennetalbrücke) gestoßen und staunte nicht schlecht. Immerhin verlangt Straßen NRW 1280x960 Pixel Kameras als Standard, Mindestvoraussetzung ist (1280 x 720). Zum Vergleich: Gute Standard-Überwachungskameras
haben in der Regel eine Auflösung von 704x576.

Nun gut das muss noch nichts heißen dachte ich - kommt halt auch auf die Objektive an und so besuchte die Seite der Firma AXIS, welche von Straßen NRW als Referenz genannt wurde. Auf dieser Herstellerseite fand ich auch, die von unseren Straßenbetrieben vorgeschlagenen Kameras und Objektive. Nicht schlecht! Alles vom feinsten, Megapixel-Objektive von Macro bis Zoom, online steuerbare Kameras die schlag- und sabotagesicher in allen erdenklichen Streamqualitäten Bilder und Videos liefern. Nur wer dann allerdings welche Streamqualität bekommt, das steht auf einem vollkommen anderen Blatt. Den verpixelten Bullshit um die Smartphoneuser zu begeistern und Datenschützer zu beruhigen und die feine HD Qualität für die Nachrichtendienste. Hier mal ein Leistungsbeispiel der kleineren "AXIS Q6034E" im 720 p Modus (1280 x 720) und der Text des Herstellers  zur "AXIS Q1604-E": (Und nicht vergessen: Die Auflösung bei Youtube und auf meiner Seite ist kein HD!)


"Video mit außergewöhnlicher Klarheit und Schärfe"
"Mit der AXIS Q1604-E Netzwerk-Kamera ist eine deutliche Identifizierung sowohl von Personen als auch von Objekten selbst bei sehr variablen Lichtverhältnissen wie etwa bei Gegenlicht oder hohen Kontrasten möglich. Sie ist perfekt für die Überwachung von Tunnelpassagen zum Beispiel in Anwendungen der Städteüberwachung."


Wie Ihr sehen könnt ist mit diesen Kameras und entsprechenden Objektiven sehr wohl eine Personenerkennung und Fahrzeugidentifizierung auf Basis des Nummernschildes möglich - auch auf einige Entfernung. Bei schnell fahrenden Fahrzeugen wird allerdings noch ein Nummernschildscanner benötigt, dieser ist natürlich nachrüstbar. Auch muss so ein Paket entsprechend der Umgebungs-Bedingungen und des Bildausschnittes von einem Techniker ein- und ausgerichtet werden, aber das dürfte das geringste Problem darstellen. Etwas beunruhigt hat mich die ausschließliche Verwendung des nicht mehr supporteten Betriebssystems Windows XP beim "Verkehrsleitsystem" von Straßen NRW, Dieses dürfte bereits Sicherheitslücken (so groß wie Scheunentore) haben.


Das Straßen NRW oder andere deutsche Straßenbetriebe solch eine Dauerüberwachung illegal durchführen und diesbezügliche Daten speichern (sowas ist nämlich gerichtlich verboten) will ich noch nicht einmal sagen, aber die Möglichkeit bestimmter Dienste oder Behörden sich dieses Knowhows nach Belieben zu bemächtigen steht ja wohl außer Frage. Außerdem ist die offizielle Stellungnahme bezüglich der "Mehrfachnutzbarkeit" dieser Kamerasysteme schlichtweg unwahr - auch nicht zuletzt weil es schon Prozesse wegen der "Materialverwendung" solcher Systeme zur Beweissicherung bei Ordnungswidrigkeiten gegeben hat. (siehe hier) Also hat sich  mein mulmiges Gefühl über die Kameras an Deutschlands Straßen bestätigt. Willkommen liebe Autofahrer, willkommen in Eurer schönen neuen Überwachungswelt, aber Hauptsache man kann bei seinen Freunden protzen und per Smartphone gucken ob am Westhofener Kreuz mal wieder Stau ist...

Liebe Grüße

Euer 

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

DAS IST WIRKLICH EIN SEHR TOLLER KOMMENTAR VON IHNEN. DANKE

Anonym hat gesagt…

WOW Danke für die Info eine sehr lesenswerter Artikel.

Anonym hat gesagt…

Wir werden nach Strich und Faden belogen. Was können wir nun tun? Bildet sich mal eine Aktionsgruppe, die diesen Elektroschrott abnimmt? Leider offenbar nicht, alle ziehen den Schwanz ein, wenn es um effektive Gegenwehr geht. In meiner Stadt (bei Stuttgart) habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht. Hier dienen zwei Überwachungskameras allerdings der Identifizierung von Straßenpassanten, die eine Fußgängerampel überqueren! Die Antwort der Stadt ist eine faustdicke Lüge.
Die Erinyen freuen sich über aufmerksame Mitmenschen, die solche Kameras abreißen und nach restloser Zerstörung (Straßenwalze lässt sich organisieren) zusammen mit einem Brief an die jeweilige Behörde zurückschicken wollen.
Kontakt: erinyen@hush.com
http://erinyenzentrum.wordpress.com/

Anonym hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
buergerrechtler hat gesagt…

Sorry, habe nur den Kommentar gelöscht weil er doppelt war. Sachbeschädigung ist strafbar, deshalb würde man nur sich selbst schaden (jedenfalls solage das System besteht).

Wichtig ist jetzt viel mehr eine große öffentliche Diskussion mit Fakten, in deren Verlauf die Lügner den Schwanz einziehen müssen. So sehr wie ich Lobbyarbeit hasse, aber hier fehlt beispielsweise die bereits geschwächte Autofahrerlobby (z.B. ADAC) um dem deutschen Verkehrsteinehmern etwas den Rücken zu stärken. Nun kommt es darauf an ob irgend ein Verein für Verkehrsteilnehmer nen "Arsch" in der Hose hätte...

Lieben Dank übrigens für Eure tollen Kommentare!!!

Anonym hat gesagt…

Wird sich etwas ändern, wenn wir solche Artikel an unsere Bekannten/Verwandten/Freunde etc. weiterleiten?
Ich habe da schwere Zweifel. Einem Arbeitskollegen habe ich höchstens 3 (in Worten: drei) hochinteressante Artikel der Seite www.net-news-express.de geschicke, da hat sich dieser GENERVT gefühlt. Ein anderer Bekannter nannte solche Informationen lächerlich und glaubt wirklich nur was im TV/Radie/Zeitung kommt. Und dann gab es noch den, der mit beleidigenden Worten reagierte. Schon komisch. Alle schreien nach der Wahrheit aber bekommen sie diese, wollen sie sie nicht. Dann kommen so Sprüche wie: Ich habe nichts zu verbergen oder Kannst ja doch nichts machen. Schöne neue Welt - für "die"

buergerrechtler hat gesagt…

Tja, das liegt wohl in der Natur der meißten Menschen. Sie glauben den Hofberichterstattern seit je her mehr. Ganz einfach weil es bequem ist, denn man bekommt die Nachrichten noch von "allen" Seiten bestätigt und fertig ist deren "Wahrheit".

Selber denken und recerchieren? Fehlanzeige! Hamsterrad laufen fur den Hauskredit und für den Pauschalurlaub ist wichtiger, da will man nicht nach Arbeit und Alltagskram noch was schwieriges machen. Ich kenne das auch von meinem Bekanntenkreis.

Da hilft nur cool bleiben. Nicht missionarisch vorgehen. Sei gut drauf, so will man dich immer dabei haben und wenn die Situation es zulässt - hau mal 1-2 satte Dinger raus. So bleibst Du die "coole sau" und einige sehen Dich sogar als Vorbild.

Nicht verzagen - wenn die kritische Masse erreicht ist gilt Widerstand plötzlich wieder als "schick" - und alle wollen bei den coolen sein...

Auch das war schon immer so!!!

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